Einspruch gegen den Steuerbescheid - Warum es sich lohnen kann und was Sie beachten sollten
Fehler passieren – auch dem Finanzamt. Und das nicht selten. Regelmäßig sind die Steuerbescheide der Finanzämter zu den Steuererklärungen der Steuerzahler fehlerhaft.
Betroffene sind nicht schutzlos ausgeliefert. Erhalten Sie einen fehlerhaften Steuerbescheid vom Finanzamt, können Sie Einspruch hiergegen einlegen. Und das sollten Sie auch. Denn die Erfolgsquote ist höher als man vermutet.
Hier erfahren Sie alle relevanten Informationen, die Sie für den Einspruch gegen Ihren Einkommensteuerbescheid beachten sollten.
Lohnt sich der Einspruch gegen meinen Steuerbescheid?
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) veröffentlich jährlich eine Statistik über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern. Aus der jüngsten Statistik vom September 2023 geht hervor, dass für das Veranlagungsjahr 2022 knapp drei Millionen Einsprüche bei den Finanzämtern eingegangen sind.
Im Kalenderjahr 2022 konnten die Finanzämter immerhin etwas mehr als 3.200.000 Einsprüche abarbeiten – wovon beachtliche 64 Prozent durch Abhilfebescheide erledigt worden sind. Das bedeutet, dass das Finanzamt sind solche Fälle, in denen das Finanzamt einem Einspruch ganz oder teilweise zustimmt und den ursprünglichen Steuerbescheid zu Gunsten des Steuerpflichtigen abändert.
Für Sie ist dies Anlass zu Optimismus. Die Erfolgsquote in Einspruchsverfahren vor den Finanzämtern ist mit über 60 Prozent vergleichsweise hoch. Ein Einspruch gegen Ihren Einkommensteuerbescheid kann sich daher durchaus lohnen – auch, weil hierbei keine Verfahrenskosten auf Sie zukommen.
Der Einspruch ist das Mittel der Wahl gegen fehlerhafte Steuerbescheide
Ihr Finanzamt hat Ihnen einen Einkommensteuerbescheid übermittelt und ist darin von den Angaben in Ihrer Einkommensteuererklärung abgewichen? Ihnen droht jetzt eine gewaltige Steuernachzahlung?
Wann immer ein Steuerbescheid aus Ihrer Sicht fehlerhaft ist, können Sie dagegen Einspruch einlegen. Der Einspruch ist das statthafte Mittel gegen fehlerhafte Steuerbescheide.
Denn: Nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes steht allen Bürgern, die geltend machen, durch den Staat in ihren Rechten verletzt worden zu sein (beispielsweise durch einen fehlerhaften Steuerbescheid), der Rechtsweg offen.
Sie können müssen zunächst Einspruch bei der zuständigen Finanzbehörde einlegen. Dies ermöglicht es der Finanzverwaltung, Ihren Steuerfall noch einmal zu überprüfen, bevor sich ein Gericht mit der Angelegenheit befassen muss. Die meisten Unstimmigkeiten lassen sich ohnehin bereits auf diesem Wege im Einspruchsverfahren erledigen, dem daher auch eine hohe „Filterwirkung“ nachgesagt wird. Im Kalenderjahr 2022 mündeten lediglich 1,6 Prozent der erledigten Einsprüche in ein Verfahren vor dem Finanzgericht.
Die gesetzlichen Grundlagen für das Einspruchsverfahren finden sich in §§ 346 und 347 AO und dem Anwendungserlass zur AO, der die Finanzbehörden mit entsprechenden Verwaltungsanweisungen bindet.
Wir erklären Ihnen, worauf Sie bei Ihrem Einspruch unbedingt achten sollten.
III. Einspruchsfrist – Wann lege ich Einspruch ein?
Die Einlegung eines Einspruchs gegen Ihren Steuerbescheid ist fristgebunden. Einen zulässigen Einspruch können Sie daher in der Regel nur innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe Ihres Steuerbescheids erheben.
Wann genau Ihre Einspruchsfrist beginnt, hängt davon ab, wann Ihnen der Steuerbescheid bekannt gegeben wurde. Im Einzelfall kann dies eine komplexe rechtliche Frage sein. Es empfiehlt sich daher, einen Rechtsanwalt zu konsultieren.
Folgende Faustregel für die fristgerechte Einlegung Ihres Einspruchs empfiehlt sich:
„Datum des Einkommensteuerbescheids + 1 Monat“
Beispiel:
Datiert Ihr Einkommensteuerbescheid auf den 25.03.2024, ist Ihr Einspruch in jedem Fall fristgerecht eingelegt, wenn er dem Finanzamt am 25.04.2024 vorliegt.
Wichtig:
Ihr Einspruch muss zwingend vor Ende der einmonatigen Einspruchsfrist bei Ihrem zuständigen Finanzamt eingehen!
Form des Einspruchs - Wie lege ich Einspruch ein?
Wenn Sie einen Einspruch gegen Ihren Einkommensteuerbescheid einlegen möchten, müssen Sie dies unbedingt schriftlich tun.
Folgende Übermittlungswege stehen Ihnen dabei zur Verfügung:
- per Post
- per Fax
- elektronisch über ELSTER oder jede andere Steuer-Software, die die Möglichkeit eines elektronischen Einspruchs anbietet
- ohne vorherige Registrierung: elektronisch über das ELSTER-Kontaktformular (https://www.elster.de/eportal/wizard/seq/steuerlichenachricht-1/eingabe)
- durch Ihren Steuerberater / Ihre Steuerberaterin oder Ihren Rechtsanwalt / Ihre Rechtsanwältin
Alternativ können Sie Ihren Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid auch vor Ort im Finanzamt zur Niederschrift erklären lassen.
Beachten Sie:
Die Erhebung des Einspruchs ist weder per E-Mail an Ihr Finanzamt noch in telefonischer Form möglich.
Es ist nicht erforderlich, dass Sie Ihr Einspruchsschreiben eigenhändig unterschreiben.
Eine Eingangsbestätigung zu Ihrem Einspruch erteilt das Finanzamt in der Regel nicht.
Tipp: Wenn Sie Ihren Einspruch jedoch über ELSTER einreichen, erhalten Sie eine automatisch generierte Versandbestätigung.
Inhalt des Einspruchs – Was muss mein Einspruch enthalten?
Idealerweise liefern Sie Ihrem zuständigen Finanzamt bereits in Ihrem Einspruchsschreiben alle Informationen, die für die Bearbeitung Ihres Einspruchs erforderlich sind. Dies kann zu einer reibungslosen und zeitnahen Bearbeitung Ihres Anliegens beitragen.
Folgende Informationen und Unterlagen sollte Ihr Einspruchsschreiben unbedingt enthalten:
- Ihre persönlichen Daten (Wer legt den Einspruch ein?)
- Vollständiger Name
- Geburtsdatum
- Anschrift
- Steuernummer
Tipp: Bei steuerlich gemeinsam veranlagten Ehegatten empfiehlt es sich, dass beide Ehegatten genannt werden.
- Einspruchsgegenstand (Gegen was wird Einspruch eingelegt?)
- z. B.: Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2023
- Begründung (Weshalb legen Sie Einspruch ein?)
- z. B.: "Es wurden nur Aufwendungen für Arbeitsmittel in Höhe von 500 EUR berücksichtigt. Tatsächlich sind mir aber Kosten in Höhe von 800 EUR entstanden."
- Nachweise
- Um dem Finanzamt darzulegen, dass Ihnen beispielsweise tatsächlich höhere Kosten für Arbeitsmittel entstanden sind, reichen Sie entsprechende Belege, etwa in Form von Rechnungskopien, ein.
Sonderfall: Aussetzung der Vollziehung
Unter Umständen kann es erforderlich sein, bereits mit dem Einspruchsschreiben einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu stellen.
Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass Sie Ihre Steuern oder einen Teil Ihrer Steuern - anders als im Grundsatz vorgesehen - vorerst nicht zahlen müssen. Der Vollzug Ihrer Zahlungspflicht kann ausgesetzt werden, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass Ihre Steuern aufgrund Ihres Einspruchs nachträglich niedriger festgesetzt werden.
Beachten Sie: Die Aussetzung der Vollziehung müssen Sie explizit beantragen. Wir unterstützen Sie gerne hierbei.
Nach dem Einspruch – Wie geht es weiter?
Grundsätzlich bleiben Sie trotz Ihres Einspruchs verpflichtet, die vom Finanzamt festgesetzte Steuer zu entrichten. Allein die Tatsache, dass Sie Einspruch gegen Ihren Einkommensteuerbescheid eingelegt haben, befreit Sie nicht von der Verpflichtung, Ihre festgesetzten Steuern zu zahlen.
Ihr Einspruch bewirkt zunächst nur, dass sich das zuständige Finanzamt Ihren gesamten Steuerfall erneut ansehen und prüfen muss.
Bestehen nach erneuter Prüfung Ihres Steuerfalls auch für das Finanzamt Zweifel daran, dass beispielsweise die Kürzung von Ausgaben in Ihrem Steuerbescheid richtig war, wird absehbar ein Abhilfebescheid zu Ihren Gunsten ergehen. In diesen Fällen kann eine sogenannte Aussetzung der Vollziehung gewährt werden (siehe bereits oben). Dies führt dazu, dass Sie gewisse Beträge vorerst nicht zahlen müssen, bis das Finanzamt eine Entscheidung über Ihren Einspruch fällt.
Nach erneuter Prüfung Ihres Steuerfalls durch das Finanzamt nach Ihrem Einspruch sind folgende Ergebnisse denkbar:
(1): Das Finanzamt stimmt Ihrem Einspruch zu
In diesem Fall wird das Finanzamt Sie entsprechend informieren, beispielsweise dadurch, dass Sie einen geänderten Steuerbescheid erhalten.
Im Erläuterungstext zu Ihrem Steuerbescheid wird in der Regel der Hinweis enthalten sein, dass sich Ihr Einspruch durch den geänderten Steuerbescheid erledigt.
(2): Das Finanzamt fordert zur Prüfung Ihres Einspruchs weitere Informationen und Unterlagen
In diesem Fall wird das Finanzamt Sie entsprechend kontaktieren. Reichen Sie die erforderlichen Unterlagen vollständig nach.
(3): Das Finanzamt stimmt Ihrem Einspruch nicht oder nur teilweise zu
In diesem Fall wird Ihnen das Finanzamt die Gründe für seine Entscheidung mitteilen und Sie bitten, Ihren Einspruch ganz oder teilweise zurückzunehmen.
Erfolgt keine einvernehmliche Einigung zwischen Ihnen und dem Finanzamt, gibt es noch eine weitere Stelle, die Ihren Einspruch erneut prüfen wird, die sog. Rechtsbehelfsstelle.
Wenn eine Einigung auch auf diesem Wege nicht erfolgen kann, ergeht im Regelfall eine Einspruchsentscheidung, gegen die Sie auch noch gerichtlich vorgehen können.
Beachten Sie: In seltenen Ausnahmefällen kann es vorkommen, dass die nochmalige Prüfung des Finanzamts dazu führt, dass Ihnen Ausgaben gestrichen werden, weil beispielsweise festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung gar nicht vorlagen. In einem solchen Fall haben Sie jedoch die Möglichkeit, Ihren Einspruch zurückzunehmen. Das Finanzamt wird Sie darauf hinweisen.
Ihr Experte für Fragen zum Thema:
Malte Norstedt LL.M. Eur.
Rechtsanwalt | Partner
Fachanwalt für Steuerrecht
Erscheinungsdatum:
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